Snowpiercer Serie: Kritik zu Staffel 1
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Snowpiercer Serie: Kritik zu Staffel 1

Bild von Nils Zehnder
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Mit „Snowpiercer“ brachte Bong Joon-Ho sechs Jahre vor „Parasite“ bereits einen sozialkritischen Film in die Kinos. Diesen Film als Basis genommen hat sich nun die gleichnamige Netflix-Serie. Den Trailer dazu findet ihr direkt unter dieser Serien-Kritik.

Um die fortlaufende Klimaerwärmung zu stoppen, beschlossen viele Nationen die Atmosphäre mit einem Kältemittel zu besprühen. Die Menge wurde allerdings in einem solchen Ausmaß falsch kalkuliert, dass sich die Erde zu einer unbewohnbaren Eiswüste wandelte. Um der Menschheit dennoch eine Chance des Überlebens bieten zu können, wird ein Zug gebaut. Unter der Führung von Wilford, einem Bahn-Enthusiasten, wird eine Arche sondergleichen geschaffen. Der eiserne Zug umfasst insgesamt 1001 Waggons und soll so den Erhalt der Flora und Fauna sichern.

Diese Basisgeschichte stammt aus den „Schneekreuzer“-Comics von Jacques Lob, Benjamin Legrand und Jean-Marc Rochette. Dabei dreht sich die Geschichte hauptsächlich um die Klassenkämpfe und das Machtsystem im Inneren des Zuges. So sind dessen Insassen nicht gerecht verteilt, sondern in mehrere Klassenstufen eingeteilt. Während die vorderen Klassen ein glückliches Leben führen können, wird dieser Lebensstandard vom hinteren Teil des Zuges getragen. Statt Saus und Braus heißt es dort schuften, während als Nahrung nur schwarze Proteinklötze herhalten müssen.

Die Inszenierung dessen gelang Bong Joon-Ho 2013 äußerst elegant. Mit Darstellern, wie Chris Evans und Tilda Swinton wies er trotz des Action-Genres auf Missstände hin und kreierte damit einen der stärkeren Genrevertreter. Zwar gab es im Film in weiten Teilen brachiale Action, doch dienten die stets der Verstärkung der Motive.

In der neuen „Snowpiercer“-Serie wählt man da einen sehr ähnlichen Ansatz. In einer kurzen Animationssequenz zu Beginn gibt man einen schnellen Überblick über die Hintergründe. Schnell wechselt man dann zum Realfilm und zeigt Szenen der Abfahrt des Zuges. Dabei finden wir uns, schon von diesem Moment an, am Ende des Zuges wieder. Die ersten Kämpfe spielen sich schon vor der eigentlichen Fahrt ab. Dieses Ende des Zuges ist „Der Tail“.

Mord im Eisexpress

Es folgt ein Zeitsprung. Der Zug rollt inzwischen seit knapp sieben Jahren um die Welt und erste Unruhen drohen das Gleichgewicht des Zuges zu zerstören. Zu Beginn wird der Leiter der Rebellen Andre Layton eingeführt. In einer, an Chris Evans Rolle angelehnten, Szene planen sie einen ersten Gegenschlag. Zum vorbereiteten Angriff kommt es dann allerdings nicht. Layton muss nach vorne in den Zug. Als ehemaliger Polizist soll er einen Mord in einer der vordersten Waggons aufklären. Zeitgleich wagen die Tails dennoch den Putschversuch, doch scheitern schon nach nur einem Wagen. Um das Leben seiner Gefolgschaft zu retten, muss Layton die Ermittlungen annehmen, um so womöglich auch Informationen für eine Übernahme zu finden.

Recht schnell wird in dieser Serie klar, dass hierbei alles sehr dem Film nachempfunden ist. Das Konzept der Klassenteilung wird nicht neu durchdacht und ausgebaut, sondern 1:1 übernommen. Der größte Unterschied zum Film liegt in der Mordermittlung, die eine tragende Rolle spielt. Bei der begegnet Layton dauerhaft der Diskriminierung, sowie den Differenzen zwischen den vorderen Klassen.

Dabei wird allerdings bei weitem nicht so kreativ ausgeholt wie etwa bei „Parasite“. Während sich dort die eigentlich arme und unzivilisierte Familie anpasst, sind die Charaktere in „Snowpiercer“ stagnierend. Anstatt intelligenter Charaktere liefert man mit den Hauptrollen nur genau das was zu erwarten ist. Das funktioniert auch aus verschiedenen Gründen nicht.

Stereotypen und Logikfehler

Zum einen fährt der Zug anders als im Film erst seit knapp sieben Jahren. Dennoch werden die hinteren Passagiere so dargestellt, als hätten sie nie in einer Zivilisation gelebt.

Die Unglaubwürdigkeit wird vom Protagonisten sogar auf die Spitze getrieben. Selbst in Anwesenheit der höheren Klassen kann er sich nicht anpassen und das trotz seines früheren Berufes als Polizist. Während in „Parasite“ die Intelligenz und Intrige herausgestellt wird, muss man sich in „Snowpiercer“ mit bloßen Stereotypen zufriedengeben.

So wird klar, dass Bong-Joon Ho mit dieser Adaption recht wenig zutun gehabt hat. Zwar wird er als Executive Producer genannt, doch Regie führte jemand anderes. Diesen Posten belegte Graeme Manson, der bereits als Autor für „Orphan Black“ zuständig war.

Beeindrucken kann die Serie hauptsächlich visuell. Die Szenen wirken stets stilgemäß und lösen wie schon im Vorbild staunen aus. Gerade an den Special Effects wurde hier deutlich mehr gearbeitet. Doch das weiträumige Setdesign wirft auch ein neues Problem auf. Die bedrückende Enge des Zuges verblasst komplett. Der Zug ist so weiträumig, dass in einem Aquarium getaucht werden kann und ein ganzes Transportsystem - quasi ein Zug im Zug - existiert. Neben der Atmosphäre geht damit auch der Realismus verloren.

Fazit

„Snowpiercer“ wirkt visuell ambitioniert und gleichzeitig wie ein gezwungenes Werk, um alleinig den Erfolg des großen Bruders abzuschöpfen. Neue Ansätze hat man bei der Adaption keine gesucht. Beim Cast setzte man auf eher kleinere Namen, welche jedoch die ohnehin schwache Story nicht tragen können. Erdrückend wirkt in „Snowpiercer“ leider nicht der gesellschaftliche Druck, sondern die Episodenlänge. Gerade die langen Schwarzblenden für eine TV-Ausstrahlung lassen dabei in jeder Episode mehrmals auf ein Ende hoffen.

Falls ihr die Serie mit dem Film vergleichen wollt - 2013 kam er ins Kino. Klickt den Titel um zum Kinofilm zu gelangen:

Snowpiercer: Die Welt im Jahr 2031: Ein Versuch, die globale Erwärmung zu stoppen, ist katastrophal fehlgeschlagen und hat stattdessen die Erde in eine neue Eiszeit gestürzt. Nahezu alles Leben ist ausgelöscht und unter Eismassen begraben.

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